Am letzten Zürcher WordPress Meetup im 2024 gab es wie immer zwei spannende Vorträge, die jeweils einen anderen Aspekt der Website-Entwicklung beleuchteten. Im ersten ging es um die Kunst eines gelungenen Relaunches und wie SEO, Technik und Content zusammenspielen.
Im zweiten Vortrag stand der direkte Datenbankzugriff im Fokus, um Website-Daten auszuwerten und Arbeitsprozesse zu automatisieren. Beide Themen zeigen, wie vielseitig und tiefgreifend die Arbeit mit WordPress sein kann.
Refresh, Relaunch, Erfolg: Die Kunst des gelungenen Neustarts
Yvonne Westerbeck, die als SEO-Expertin bei der Agentur Waldhirsch arbeitet und mit Webwild auch ein eigenes Web-Entwicklungsteam im Haus hat, stellte bei diesem Meetup die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren eines Website-Relaunches vor. Dabei verdeutlichte sie, dass ein Relaunch ein komplexes Projekt ist, das nur mit der richtigen Strategie und Vorbereitung wirklich gelingt.
Warum (und wann) ein Relaunch sinnvoll ist
Yvonne betonte, dass ein Relaunch nicht immer notwendig ist. Oftmals reicht eine kontinuierliche Optimierung aus, wenn die Basis der Website (Technik, Inhalte, Design) im Kern gut ist. Ein kompletter Neustart sollte nur dann ins Auge gefasst werden, wenn
- Design, Technik und Inhalte umfassend veraltet sind,
- grundlegende SEO-Probleme bestehen und
- das gesamte Fundament nicht mehr tragfähig ist.
Ein Relaunch beinhaltet immer das Risiko, erhebliche Einbussen bei der Sichtbarkeit (SEO) zu erleiden – insbesondere dann, wenn SEO-Aspekte nicht von Anfang an berücksichtigt werden.
Die drei Phasen eines Relaunches
Yvonne teilt ihre Relaunch-Projekte in drei Hauptphasen:
- Pre-Launch (alles vor dem Livegang)
- Launch (der eigentliche Livegang)
- Post-Launch (die wichtige Zeit nach dem Go-Live)
Sie weist darauf hin, dass nach dem Launch die Arbeit längst nicht vorbei ist: Es gilt, die neue Seite engmaschig zu monitoren, Nutzer-Signale zu beobachten und mögliche technische sowie inhaltliche Probleme schnell zu beheben.
Eine gute Strategie als Basis
Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Relaunch ist laut Yvonne eine solide Strategie. Viele Fehler entstehen schon, bevor überhaupt mit Design und Entwicklung begonnen wird. Eine klare Zielsetzung und ein schlanker, entscheidungsfähiger Projektkreis sind essenziell, um das Projekt nicht in endlosen Diskussionen versinken zu lassen.
Wichtige Punkte in der Strategie-Phase
- Festlegung der Projektziele: Welche KPIs bzw. Kennzahlen sind entscheidend, um den Erfolg des Relaunches zu messen (z. B. mehr Impressionen in der Google Search Console)?
- Markenidentität und Positionierung: Was macht das Unternehmen aus, wie soll es wahrgenommen werden und wie spiegelt sich das in der Website wider?
- Zielgruppe und Wettbewerb: Wer sind die Nutzer, was sind die Stärken bzw. Schwächen der Konkurrenz und welche Erkenntnisse lassen sich daraus ableiten?
- Technische Anforderungen: Welche Systeme sind zu integrieren, wie flexibel soll das CMS sein, wer pflegt die Seite nach dem Relaunch?
Yvonne empfiehlt, bei der Strategie nicht zu viele Personen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Eine kleinere, kompetente Projektgruppe, die auch Entscheidungsbefugnisse hat, schafft Klarheit und vermeidet unnötige Schleifen.
Konzeption, Content und Entwicklung
Hat man eine saubere Strategie aufgestellt, geht es in die eigentlichen Umsetzungsphasen. Hier kommen mehrere Disziplinen zusammen – von UX/UI, Webdesign und SEO bis hin zu Content-Erstellung und -Migration.
Konzeption & Design
- Keyword-Recherche und Sitemap-Planung: Welche Themen soll die Seite abdecken, wie ist die Struktur aufgebaut?
- Wireframes und erste Layout-Entwürfe: Um die Usability und das Design an die Ziele und Zielgruppen anzupassen.
- SEO und Design: Auch bei kreativen Ideen muss man prüfen, ob Google den Inhalt richtig interpretieren kann. Eine nur „schöne“ Seite ohne Substanz hat selten gute Rankingchancen.
Content: Der unterschätzte Aufwand
Yvonne betonte, dass die Content-Erstellung oder -Optimierung der meist unterschätzte Part eines Relaunches ist. Es braucht oft mehr Zeit, als zunächst erwartet, da bestehende Inhalte geprüft, zusammengelegt oder neu erstellt werden müssen. Eine systematische Vorgehensweise (z. B. ein Content-Audit mit klarem Entscheidungsbaum) hilft, den Überblick zu bewahren.
Entwicklung und SEO-Qualitätssicherung
Während viele den Entwicklungsaufwand überschätzen, betont Yvonne, dass man hier vor allem eines braucht: Testing. Ein gutes Briefing sei nur die halbe Miete, denn man müsse die Umsetzung auch überprüfen, z. B. mit:
- Screaming Frog: Das Tool ist unverzichtbar, um Weiterleitungen (Redirects), Broken Links, Canonicals und mehr zu prüfen.
- Manueller Code-Check: Nicht alle Fehler zeigt ein automatisiertes Tool an. Doppelte Head-Bereiche, falsche Title-Tags oder fehlerhafte Robots.txt können sich negativ aufs Ranking auswirken.
- Strukturierte Daten: Ob Rezepte, Event-Infos oder lokale Unternehmensdetails – korrekt hinterlegte strukturierte Daten (Rich Snippets) können dem Ranking und der Präsentation in den Suchergebnissen sehr helfen.
Der Launch und Post-Launch
Ist die Seite online, läuft das eigentliche Projekt noch weiter:
- Engmaschiges Monitoring: Passt das Ranking? Geht der Traffic hoch oder runter? Wie reagieren Nutzer?
- Fehlerbehebungen: Oft tauchen nach dem Livegang noch kleinere Bugs, Layout-Probleme oder fehlende Weiterleitungen auf. Jetzt heisst es, schnell zu reagieren.
- Kontinuierliche Optimierung: Auf Basis von Daten (z. B. Google Search Console, Analytics) werden Inhalte weiter angepasst, neue Seiten hinzugefügt und die Website stetig verbessert.
Fazit aus Yvonnes Vortrag
Ein Website-Relaunch kann ein echter Turbo für die Sichtbarkeit und den Unternehmenserfolg sein – wenn man ihn richtig angeht. Die Gefahr, dass SEO und Nutzerfreundlichkeit darunter leiden, ist allerdings hoch, wenn man unstrukturiert vorgeht oder einseitig nur auf das Design achtet.
Yvonnes wichtigste Empfehlungen sind deshalb:
- Strategie vor Design: Ziele definieren, Projektteam schlank halten.
- SEO von Anfang an: Technik, Inhalt und Sichtbarkeit eng verzahnen.
- Content nicht unterschätzen: Inhalte brauchen oft mehr Zeit als gedacht.
- Testing ist Pflicht: Briefings helfen, doch man muss auch automatisiert und manuell kontrollieren.
- Post-Launch nicht vergessen: Nach dem Go-Live startet die entscheidende Monitoring-Phase.
Wer diese Punkte beachtet und die Disziplinen (SEO, Design, UX, Technik, Content) sinnvoll verbindet, wird auch bei umfangreichen Relaunch-Projekten mit einer stabilen oder sogar deutlich verbesserten Sichtbarkeit belohnt.
Analytics im Backend: Website-Daten aus der Datenbank auslesen und Arbeiten automatisieren
Im zweiten Vortrag des Meetups zeigte Marc Schiesser von der Peleda GmbH, wie man direkt im WordPress-Backend auf die MySQL-Datenbank zugreifen kann, um individuelle Reports zu erstellen, automatisierte Auswertungen durchzuführen und damit viel manuelle Arbeit zu sparen.
Warum Datenbank-Analytics?
Marc erläuterte, dass alle Inhalte einer WordPress-Website (Posts, Pages, Meta-Daten, Benutzerdaten usw.) in einer MySQL-Datenbank abgelegt werden. Wer grössere, datenintensive Websites betreibt, kann von direktem Datenbankzugriff enorm profitieren:
- Massgeschneidertes Reporting: Eigene Abfragen (z. B. zu Bestellungen, Produktattribute) lassen sich erstellen, anstatt sich auf vorgefertigte Plugin-Funktionen zu beschränken.
- Automatisierung: Routineaufgaben (z. B. regelmässige Datenimporte oder -exporte) können per SQL-Befehl schnell und skalierbar umgesetzt werden.
- Analytics ohne teure Plugins: Log-Daten oder benutzerdefinierte Felder (Custom-Post-Types) lassen sich individuell auswerten, ohne sich an Plugin-Grenzen halten zu müssen.
Technischer Hintergrund und Voraussetzungen
- Dateisystem vs. Datenbank: WordPress legt seinen Code (Themes, Plugins, Core) im Dateisystem ab, während Inhalte in MySQL gespeichert werden.
- Zugriffstools: Üblicherweise stellt der Hoster eine Verwaltungsoberfläche wie phpMyAdmin zur Verfügung, mit der man SQL-Abfragen ausführen kann. Alternativ sind GUI-Tools wie DBeaver oder Microsoft Access möglich, wobei SSL- bzw. verschlüsselter Zugriff oft eine Herausforderung ist.
- SQL-Grundlagen: Neben dem risikoarmen SELECT (reine Abfrage) gibt es auch UPDATE, DELETE und weitere Befehle, mit denen man Daten verändert bzw. löscht. Ein versehentliches DELETE ohne WHERE kann die gesamte Tabelle löschen – daher unbedingt erst Backup machen und am besten in einer Testumgebung üben.
Anwendungsbeispiele
- Eigene Reports
- Auslesen von Entwürfen (SELECT … WHERE post_status = ‹draft›)
- Anzeigen bestimmter Felder aus Custom-Post-Types (z. B. Preise, Grössen, Attribute)
- Datenaenderungen in grossem Stil
- Ändern des Autors für alle Posts eines bestimmten Users (UPDATE … WHERE post_author = …)
- Loeschen alter Revisionen (DELETE … WHERE post_type = ‹revision›)
- Backup und Migration
- Manuelles Exportieren und Importieren der Datenbank (z. B. via phpMyAdmin)
- Automatischer Massenimport von Adress- oder Produktdaten in WordPress
Marc demonstrierte dabei eindrücklich, wie besonders Shops mit zahlreichen Produkten oder Blogs mit vielen Beiträgen durch gezielte SQL-Abfragen effizient administriert werden können. Er verwies auch darauf, dass sich MySQL-Daten durch Programmiersprachen wie Python weiter verarbeiten lassen, um etwa grosse Datenmengen zu analysieren oder externe Systeme zu integrieren.
Fazit
Beide Vorträge verdeutlichten, dass erfolgreiche Webprojekte nicht nur ein ansprechendes Design, sondern auch eine solide technische und inhaltliche Basis benötigen. Ein intelligenter Relaunch bewahrt SEO-Erfolge und bringt eine zukunftssichere Struktur. Gleichzeitig lassen sich mit direktem SQL-Zugriff viele manuelle Prozesse abkuerzen und Arbeitsablaeufe effizienter gestalten. Wer sich Zeit für eine durchdachte Strategie nimmt und die richtigen Tools einsetzt, profitiert langfristig von einer verbesserten Sichtbarkeit und optimalen Datenprozessen.